Mittwoch, 18. März 2015

Die Chinesen und der Verkehr

Wie berichtet sind wir nun stolze Besitzer von chinesischen Führerscheinen. Und um die gleichen Fragen zu vermeiden, die uns von einigen anderen Expats hier gestellt worden sind: Ja wir haben den Test selber gemacht und nicht einfach eine Assistentin oder einen Übersetzer vor den Rechner gesetzt, die die Fragen für uns beantworten.


Momentan können wir mit zwei Fahrzeugen am Straßenverkehr teilnehmen.


1. mit einem Elektroroller

Wo sich die Bundesregierung noch über eine Bezuschussung von Elektromobilität streitet, sind die Chinesen schon einen Schritt weiter. Hier in Suzhou fahren tausende von Elektrorollern durch die Gegend. Für 150 bis 350 € kann man damit am Verkehr teilnehmen.



Die Beliebtheit kommt nicht von gesteigertem Umweltbewusstsein, sondern ist einfach nur dem Geschuldet, dass man dafür gar keinen Führerschein benötigt.

Das erklärt auch die Fahrweise der meisten Rollerfahrer im Straßenverkehr. Egal ob Rollerspur, Fahrradweg, Gehsteig, Busspur oder Autobahn. Mit so einem Ding kann man überall fahren. Rote Ampeln,  Einbahnstraßen oder das allgemeine Rechtsfahrgebot werden von Rollern, Autos, Fußgängern und Fahrrädern gleichermaßen ignoriert. Die Meisten kennen die Verkehrsregeln schlicht gar nicht –woher auch.

Der tapfere Rollerpilot zieht jeden Morgen in den Kampf um Suzhous Straßen. Helme werden nur im Notfall verwendet (Notfall bedeutet für gewöhnlich, der Pilot ist Ausländer), was aber nicht fehlen darf, ist der Regenmantel mit Hello Kitty Motiv (oder in Schwarz zur besseren Tarnung). Da es ohne Helme auch keine Visiere gibt, behaupten böse Zungen, dass der Gesichtsausdruck, den viele Chinesen zeigen, vom Fahrtwind kommt und das ein Rollerfahrer dank der Insekten auch nicht vor Fahrtantritt frühstücken muss.

Während in Deutschland Roller als individuelles Fortbewegungsmittel angesehen werden, kann der chinesische E-Roller viele Funktionen erfüllen, Familienkutsche, Haustierbeförderung oder Kleinlastkraftwagen als Basis einer ICH AG im Gastronomiebereich. Nicht selten sieht man bis zu 4 Personen auf einem Roller, stehen Hunde von der Größe eines Bernhardiners auf dem Fußbrett oder werden Güter von bis zu 5 Metern Länge transportiert.  Auch beliebt ist die 3-Rad Variante als mobiles Restaurant. Ausgerüstet mit Fritteuse, Wok und Grill (und der Gasflasche auf dem Trittbrett) rasen diese Nahrungslieferanten durch die Stadt und tauchen immer dort auf, wo jemand Hunger hat und gerade keine Polizei (oder WKD) ist.


Anmerkung von Cora:
Auch ich bin so waghalsig und stürze mich so ziemlich jeden Tag mit meinem Roller auf die Straßen. Jetzt fehlen mir nur noch der Regenponcho, der das ganze Fahrzeug bedeckt, sowie mindestens 3 Passagiere (ob Hunde, Kinder oder Ladung ist dabei egal), um nicht so aufzufallen. Ich kann Euch sagen, der Fahrspaß ist gigantisch! Man darf quasi machen was man will und fahren wie man will – man sollte nur in eigenem Interesse mit nichts und niemand anderem kollidieren. Da ich mir das durchaus zutraue, den meisten anderen Straßenteilnehmern allerdings nicht unbedingt, war mir die Anschaffung eines Helms sehr wichtig! Den Fahrtwind um die Nase, mache ich mich damit zum Chinesischkurs, zum Einkaufen und sonstwohin auf, habe meinen Spaß und immer einen Parkplatz!





Stufe 2: Das Autofahren

Tag 1:
Nachdem ich meinen Führerschein nun habe, bekomme ich die Schlüssel zu meinem Geschäftswagen ausgehändigt. Ein schwarzer Chevrolet EPICA, verwand mit unserem Vectra. Es steht meine erste Solo Autofahrt in China an, 9 km bis nach Hause.

Langsam taste ich mich aus der Ausfahrt der Firma und mache mich auf den Weg. Ich fahre mit den erlaubten 50 Km/h, halte an roten Ampeln und lasse beim Linksabbiegen den Gegenverkehr durch. Begleitet wird meine Heimfahrt von wilden Hupkonzerten und waghalsigen Überholmanövern meiner chinesischen Mittteilnehmer am Straßenverkehr. Die verwenden sogar die Rollerspur! Nach 20 Minuten bin ich glücklich und zufrieden angekommen.

 Tag 2:
Jetzt erstmal den Weg in die Firma finden. Verdammt da war die Abfahrt. Aber kein Problem, ich nehm die nächste und wurstele mich durch. Da müsste ich jetzt eigentlich Links abbiegen, darf man aber nicht. Gut dann such ich halt weiter. Am Zebrastreifen lasse ich sogar die Fußgänger durch. Nach 20 Minuten bin ich glücklich und zufrieden angekommen.

Tag 5:
Diesmal kenn ich den Weg und finde auch die richtige Abfahrt, also fast. Wenn ich aber da vorne jetzt links quer ziehe bin ich wieder richtig, darf man nicht, aber gut einmal wird schon nichts machen. Geschwindigkeitstechnisch passe ich mich jetzt auch dem Rest an und fahre 60km/h. Nach 20 min bin ich glücklich und zufrieden angekommen.

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Tag 10:
So langsam komme ich hier zurecht. Eigentlich ist der Verkehr ganz normal. Nach 20min bin ich glücklich und zufrieden angekommen.



Tag 15:
Wo kommen denn die ganzen Schleicher auf der Straße her! Seit mehreren Tage stelle ich fest, dass die anderen Autofahrer immer langsamer fahren. Gut dass es die Rollerspuren gibt. Da kann man auch mal rechts überholen. Warum die Fußgänger immer über die komisch weiß gestreiften Bereiche auf der Straße rumlaufen weiß ich auch nicht. Aber mit meiner Hupe weise ich sie freundlich darauf in, dass ich jetzt fahre. Die anderen hupen, als ich die Rechtsabbiegerspur zum links abbiegen verwende, aber die sollen sich nicht so anstellen. Ich halte mich ja an die Regeln.  Ich brauche immernoch 20min in die Firma, habe jetzt aber viel mehr „Spaß“.

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