Eine zentrale Rolle bei der Befriedigung der
persönlichen Bedürfnisse spielt die Nahrungsbeschaffung. Für alle
Bedürfnisse -vom Reiskocher bis zum Reis und einer Schüssel dazu, vom
iPhone Ladekabel bis zu den Fertignudel- gibt es in Suzhou den Auchan
Supermarkt (eine französische Kette, die sich hier ganz schön
durchgesetzt hat). „Real – Einmal hin alles drin“? Real dürfte hier
nicht mal verschämt in der Ecke stehen.
Hier nun Björns Geschichte:
Es
ist Samstagnachmittag gegen 13:00 Uhr. Hunger macht sich breit und der
Kühlschrank ist leer. Cora und ich rüsten uns für die Mission
„Einkaufen“. Mit Rucksack, stabilen Schuhen und frohem Mut starten wir
zum Auchan. Nach einer kurzen Taxifahrt stehen wir im Einkaufszentrum
vor dem Supermarkt. Ich stelle fest, außer uns scheinen nochmal ca. 1000
Personen die gleiche Idee gehabt zu haben. Der Treck zieht langsam in
den Supermarkt ein. Vor mir eine Frau mit Kind im Arm und Telefon am
Ohr, die der Meinung ist, man muss nicht schnell gehen,
Zombiegeschwindigkeit reicht. Hinter mir eine nette ältere Dame mit
Einkaufswagen, die meint ich würde schon schneller gehen, wenn sie mir
ihren Wagen nur oft genug ins Kreuz rammt.
In der Elektronikabteilung überlege ich kurz, ob ich mir ein Ladekabel kaufe und die nette Dame damit erdrossele...
Aber
heute habe ich eine Mission, ich brauche Abflussreiniger. Ich stehe vor
einem Regal. 10m breit 4m hoch und dabei sind die meisten Chinesen
recht klein. Die Flaschen sehen erstmal nach Putzmittel und ähnlichem
aus. Ich kann zwar weder die Beschriftung auf den Flaschen noch die
Schilder am Regal lesen, aber Gott sei Dank gibt es Bilder. Es lachen
mich Hausfrauen mit Victoryzeichen an, glatzköpfige Männer und besoffen
aussehende Elefanten. Ich entscheide mich für eine Flasche mit dem
besoffenen Elefanten, weil der Rüssel irgendwie die Form eines Siphons
hat und will sie in meinen Wagen legen. Plötzlich kommt eine Verkäuferin
auf mich zu, redet auf mich ein und zeigt auf lachende Hausfrau. Ich
mache ein fragendes Gesicht und zucke mit den Schultern. Für sie scheint
das zu bedeuten, wiederhole es noch dreimal und beim letzten Mal schön
langsam. Scheinbar soll ich den besoffenen Elefanten nicht kaufen. Also
gut, ich stelle den besoffenen Elefanten wieder zurück und nehme
lachende Hausfrau. Meine Verkäuferin lacht jetzt auch und erzählt
wahrscheinlich daheim, dass sie den Ausländer ganz toll beraten hat.
Nächster Schritt Nahrungsbeschaffung.
Fleischabteilung
Auchan Samstagnachmittag ist eine Mischung aus Löwen, die sich auf eine
Gazelle stürzen und A-Block bei Rock am Ring. Dazu kommt noch die
Garküche daneben in der allerlei Getier einen raschen Tod findet. Noch
besser die Fischabteilung. Da wird komplett auf Frische gesetzt, die
Viecher muss man dann selber töten. Ich hoffe ja immer noch, dass einmal
ein größerer Fisch oder ein Krebs einem Kunden einen Finger abbeißt.
Wir entscheiden uns heute für Schweinefleisch, dazu Nudeln und etwas
Gemüse. Da dass alles schon tot ist, scheint es für die Chinesen
uninteressant zu sein, deshalb keine Schlangen. In der Reisabteilung
kommt mir ein Gedanke:
Kennt ihr den
Ausspruch: “Das interessiert mich ungefähr so, als wenn in China ein
Sack Reis umfällt“. Da man bei uns den Reis nicht Säckeweise bekommt,
lässt sich nicht überprüfen, wie interessant sowas wirklich ist. Im
Auchan gibt es Reissäcke….
Ich weiß jetzt, es
ist nicht so interessant. Es kommt ein armer Mitarbeiter, der das 25Kg
Packet wieder aufheben muss und mich dabei vorwurfsvoll ansieht. Jetzt
habe ich ein schlechtes Gewissen, bin aber auch um eine Erfahrung
reicher.
Nach der recht einfachen Beschaffung
von Getränken und der verzweifelten Suche nach Salz (findet man bei den
exotische Gewürzen), ist der Wagen voll und wir sind auf dem Weg zu den
Kassen.
Ground Zero im Supermarkt, 110 Kassen aufgereiht wie eine Römische Zenturie. Die hintersten Kassen verschwinden schon im Nebel.
Vor jeder Kasse stehen ca. 10-12 Personen an. Das bedeutet, dass sich hier grob die Einwohnerzahl von Steinhilben versammelt hat, um zu bezahlen. Ich stelle mal wieder fest, dass wir die einzigen Ausländer im ganzen Laden zu sein scheinen. Da es in so einer Schlange ja doch recht langweilig sein kann, vertreiben sich die Chinesen die Zeit damit die Ausländer anzustarren. Besonders Cora mit ihren blonden Haaren zieht interessierte bis neidische Blicke auf sich. Auch scheint es interessant zu sein, was die Ausländer so kaufen. Der Inhalt unseres Einkaufwagens wird ausgiebig betrachtet und scheinbar auch diskutiert. Die nette Dame vom Eingang ist mit ihrem Wagen auch wieder da und ich frage mich ob ich nicht doch noch schnell ein Ladekabel kaufen soll…
Nach
10min an der Kasse haben wir dann auch bezahlt und verlassen schwer
bepackt den Auchan. Wir steigen ins Taxi und zeigen wir dem Fahrer eine
Karte mit unserer Anschrift. Als er eine Lupe heraus zieht, um die doch
12mm großen Symbole zu entziffern, machen sich bei mir Sorgen breit. Das
Taxi brettert los. Als Ingenieur kann ich sagen, dass bei diesem
Fahrzeug mindestens drei Systeme die technische Unbedenklichkeit des
Fahrzeuges beeinträchtigen. Ich kann schlecht sagen was schlimmer ist.
Der quietschende Zahnriemen kurz vor dem Versagen, die
Motorkontrollleuchte, die flackert wie die Beleuchtung auf einem
Elektrokonzert oder das Radlager direkt hinter mir, das sich anhört als
hätte jemand Kieselsteine in einen Betonmischer gepackt. Ich denke ein
TÜV Prüfer würde bei diesem Fahrzeug seinen Drucker wieder auf Endlospapier umstellen.
Scheinbar
braucht der Fahrer die Lupe nicht zum Autofahren. Fußgänger und
Rollerfahrer kann man weg hupen und rote Ampeln scheinen eh mehr so eine
Art Empfehlung zu sein. Nachdem wir die Strecke in der halben Zeit, die
Michael Schumacher benötigt hätte, gemeistert haben stehen wir wieder
vor unserem Compound und ich freue mich auf mein Sofa.
Über
den Alltag hier gibt es noch viele weitere Geschichten, wie Autofahren,
Nachtleben und der Umgang mit artilleriefähigem Feuerwerk zur
Panzerabwehr. Dazu aber später.