Freitag, 15. Mai 2015

China und der Service


Wer zum ersten Mal in China ist, dem fällt sofort auf, dass hier besonders im Bauhandwerk unglaublich viel geschlampt wird.


Auch wenn man dann hier arbeitet ist man sehr oft negativ überrascht, wenn man sieht mit welcher fabulösen Mischung aus Unwissenheit, Unverständnis und Unwilligkeit Aufgaben angegangen werden (die drei U’s).


Die Bauhandwerker sind hier meine Vorzeigeexemplare und Silikonfugen das schönste Beispiel. Normalerweise wird mit viel Silikon, dafür ohne Abzieher gearbeitet. Praktisch jeder Handwerker hinterlässt seinen Daumenabdruck im Silikon (Unwissenheit). Die Fugen werden auch nicht ganz um das abzudichtende Objekt gezogen sondern nur da, wo man gut hinkommt und sie auch sieht (Unverständnis). Dass dann Wasser halt trotzdem hinter das Waschbecken fließt ist dem Handwerker ja egal, er wohnt hier ja nicht (Unwilligkeit).

Aber davon soll dieser Eintrag gar nicht handeln. Nach zwei Wochen hat man sich daran gewöhnt und so mancher Europäer hier hat seine Leidenschaft fürs Nacharbeiten von Silikonfugen entdeckt. 


Wovon ich eigentlich berichten will, sind die positiven Beispiele, bei denen du als Europäer ins Staunen kommst. 


Zum Beispiel Coras E-Roller Mechaniker. Ein gemütlicher älterer Mann, der bei uns im Neighbourhood Center Elektro Roller in seiner kleinen Werkstadt repariert. Die Bude hat kaum 10qm und man muss auch immer über die Einzelteile von mindestens 2 Rollern steigen, um an den Tresen zu kommen. Egal ob Bremse, Licht oder Hupe nicht funktionieren (letzteres ist in China deutlich tragischer und gefährlicher als die beiden ersten), man geht hin, der Mann schraubt 20min und gut is wieder. Kostet dann meistens je nach Ersatzteilebedarf zwischen 20 RMB (Hupe) und 80 RMB (neue Bremse), also 2,50 bis 10€.

Topservice, schnell und unglaublich günstig.

Eine weitere Geschichte ist mir auf einem 2-Tagestrip nach Chongqing passiert. Chongqing liegt ca. 1600km westlich von Suzhou und ist mit 82.403 km fast so groß wie Österreich, hat aber rund 4-mal so viel Einwohner nämlich 28.850.000. Die Kernstadt selbst hat zwar nur 8.500.000 Einwohner, damit aber immer noch mehr als die Schweiz (8,1 Mio).

Aber darum geht es hier ja gar nicht. Ich saß morgens im Hotel und stelle fest, dass von einem meiner (nicht „made in China“) Schuhe die Sohle abgeht. So ein Sch... Mist! Naja erstmal runter zum Frühstück und unterwegs unter leichtem Hinken überlegen, wie ich das jetzt flicke. Ich wollte meinen chinesischen Kollegen bitten bei der Rezeption nach Kleber zu fragen. Sein Blick war ungefähr so als würde man bei McDonalds einen BigKing bestellen. Sein Mund aber fragte, was ich den mit Kleber will. Schuhe reparieren, habe ich gesagt - wieder Blick Mc Donalds/BigKing. Wir können doch auch einfach zum Schuhmacher und den Schuh richten lassen. Wir müssen einfach nachher den Fahrer fragen, ob er einen Schuster kennt. Und… Natürlich kennt er einen. Ist sogar seine Tante oder Oma (ja klar).
 

Kaum zehn Minuten später saß ich auf einem wackligen Klappstuhl auf dem Bürgersteig und sah einer alten Frau fasziniert zu, wie sie professionell die Sohle meines Schuhes wieder annähte.      

                







Sie meinte dann wohl noch auf Chinesisch, dass ich in Zukunft besser keine Billigschuhe mehr kaufen soll. Auf die Frage nach dem Preis meinte sie auf Chinesisch 5 RMB, was mir von meinem Kollegen in 10 RMB auf Englisch übersetzt wurde. Ich hab ihr die 10 gern gegeben. Die 120€-Schuhe für 1,20€ vom Totalschaden repariert.

Was soll man da noch sagen... hen hao!