Montag, 1. August 2016

Erlernen der Sprache oder Comedy-Programm für Einheimische



Nun haben wir tatsächlich nur noch einen Monat in Suzhou vor uns... Unglaublich! Wir freuen uns sehr auf Zuhause, aber wir werden China, die Zeit und die Menschen hier natürlich auch sehr vermissen. Um noch möglichst viel festzuhalten und Euch auf dem Stand der Dinge zu halten, fangen wir an ein bisschen zu resümieren und unsere gesammelten Weisheiten an Euch weiterzugeben - wir hören ja in der Zwischenzeit auch raus, was Euch so interessiert.

Björn hat da mal was über unsere Bemühungen Mandarin zu lernen für Euch geschrieben:

Trifft man in China wildfremde Menschen auf der Straße oder in der U-Bahn und wird in ein Gespräch verwickelt ist für gewöhnlich die vierte Frage (nach Herkunft, Einkommen und Familienplanung, KEIN WITZ) ob man Chinesisch versteht.

Im Allgemeinen muss man sagen, dass man hier im Berufsleben mit Englisch größtenteils durchkommt, leider außerhalb von Firmen keinen Meter weit. Wenn man einen Taxifahrer fragt, ob er Englisch kann, sagt er nur A-B-C (lies: ei, bi, ci)! Auch können die meisten Bedienungen kein Englisch, was aber lustig anzusehen ist, wenn sie sich gegenseitig schubsen, wer jetzt den Tisch mit den Ausländern bedienen soll.

Somit „women xue putonghua ba!” -lasst uns Chinesisch lernen:
Die erste Erkenntnis ist, dass Schrift und Sprache nichts miteinander zu tun haben. Man kann aus den Zeichen nicht ableiten, wie sie gesprochen werden. Das muß man einfach wissen. Jedes Zeichen steht für eine Silbe. Jede Silbe kann in 4 unterschiedlichen Varianten (Stimme hoch, runter, gleichbleiben oder runter und hoch) gesprochen werden und heißt dann auch was anderes. So heißt z.B. „Wo qi ni de ma“, „ich reite dein Pferd. „Ma“ kann allerdings auch Mutter heißen und… ach das führt jetzt zu weit…

Unter den Expats gibt es den Begriff des so genannten „Survival Chinese“. Wenige essenzielle Sätze, mit denen man quasi immer durchkommt als da wären: 

Ni Hao- Guten Tag ! Da macht man nie was falsch. 

Dui – richtig, genau, exakt: Verwendet man, um eine Aussage oder Suggestivfrage zu beantworten. Es scheint grammatikalisch falsch zu sein „Dui“ nur einmal zu sagen. Beobachtungen zufolge muss man das immer mindestens 3x hintereinander sagen: „Dui, Dui, Dui“.


Ting Bu Dong- Wörtlich: ich höre, aber verstehe nicht. Eigentlich ein unnötiger Satz, weil alle Chinesen davon ausgehen, dass Ausländer kein Wort Chinesisch sprechen. Hilft auch manchmal bei einer Verkehrskontrolle, wenn man ihn oft genug auf sehr freundliche Weise sagt, bis es dem Polizisten zu blöd ist mit dem dummen Ausländer zu reden und er dich weiter schickt. 

Pi Jiu - Bier. Gibt es in jedem Restaurant, hat weniger Alkohol als unseres und kann man eigentlich immer trinken. Spezialisten fügen noch ein „bing de“ an, was bedeutet, dass das Bier kalt sein sollte, sonst wird es auf Zimmertemperatur serviert (17-35°C) 

Da Di: Kurzform für einen furchtbar langen Satz, der bedeutet, dass man ein Taxi nehmen will. 

Chao mian- Sind gebratene Nudeln. Die gibt es immer, sie sind gut und wenn man gar keine Karte lesen kann die einzige Alternative. 

Mei You – nicht haben. Bedeutet, dass etwas auf der Restaurantkarte aus ist, oder sie so etwas eben einfach nicht haben. Tatsächlich geht die Bedeutung dieses Begriffes aber soooo viel tiefer. Ich denke mit einer genauen kulturellen Untersuchung dieses Begriffes könnte man seinen Doktor in Sinologie machen. So sind (meiner Meinung nach) weitere Bedeutungen: Hatten wir auch nie; ich habe keine Lust dir das zu bringen; gerade will ich nicht; keine Ahnung von was der Ausländer quatscht , aber wenn ich mei you sage, hört er bestimmt auf zu reden.


Duo shao Qian? -  Was kostet das ?  (wörtl: Viel wenig Geld). Besonders aus Märkten muss auf die Antwort des Verkäufers zwingend „Tai gui le“ – „Viel zu teuer“ gesagt werden. 


Kann man dann endlich ein paar Sätze und versucht mit Einheimischen zu reden, gibt es für gewöhnlich drei mögliche Reaktionen:


Lachen: Manche Chinesen finden es unglaublich lustig, wenn Ausländer ihre Sprache reden. Bei manchen hat man das Gefühl, die denken wir würden hier zu ihrer Unterhaltung eingeflogen werden. Wenn du versuchst mit ihnen zu reden, sagen sie Sätze wie: „kuck mal der Ausländer hört sich fast so an, als würde er Chinesisch sprechen“ oder noch besser „Sorry I don’t speak english“

Dampfplaudern: Wenn du es schaffst die drei Sätze, die du dir vorher eine Stunde lang zurecht gelegt hast, an den Mann zu bringen, geht dein gegenüber davon aus, dass du es auch fließend beherrscht und fängt an auf dich einzureden. Du verstehst dann gar nichts mehr, dein gegenüber blickt nach 2 Minuten auch etwas verwirrt drein, weil du nicht an den richtigen Stellen „Dui“, „hao de“ oder „mei you“ sagst und du bist so weit wie vorher.

Freude: Schon, wenn du nur sehr wenige Worte anbringen kannst, freut sich dein gegenüber und versucht dann auch langsam und mit einfachen Sätzen mit dir zu kommunizieren. Diese Fähigkeit haben nur etwa 10% der Gesamtbevölkerung (persönlichen Erfahrungen zufolge) und wird in Bewerbungen auch gern unter dem Punkt "can communicate with foreigners" aufgeführt.
Ja und wenn das alles nichts hilft, versucht man es mit Zeichensprache oder wie das Schild in unserer Bank sagt: Body language. Auch das trägt meistens erstmal zur Unterhaltung des chinesischen Gegenübers bei, aber so lange man am Ende erhält was man möchte (oder glaubt es zu erhalten), passt es ja…

Nachtrag:
Unsere letzte Chinesischstunde haben wir bereits hinter uns. Nach über 2 Jahren ist unsere Lehrerin Dai Yuan auch zu einer Freundin geworden. So ziemlich jeden Montagabend (so Björns Dienstreisen es zuließen) ist sie zu uns ins Appartment gekommen und hat uns auf ihre freundliche und motivierende Art der chinesische Sprache jede Woche ein Stückchen näher gebracht. Der Unterricht fand auf Englisch statt und wir haben genau das gelernt, was man für das tägliche Leben hier braucht (bis auf Schimpfwörter - da hat sie sich standhaft geweigert... Berufsehre oder so...). Sie hat uns auch erfolgreich durch den HSK 2-Test gebracht. Das ist ein Sprachschein, den man an der Universität machen kann - damit man auch was in der Hand hat, das die Bemühungen bescheinigt. Wir sind stolz darauf was wir mit ihrer Hilfe alles gelernt haben und hoffen, dass wir nicht alles gar so schnell wieder vergessen. Xie xie Dai Yuan! Women hen gaoxing he ni xue putonghua!!!
Nach der letzten Chinesischstunde. Dai Yuans Abschiedsgeschenk an uns ist ein selbstgebastelter Scherenschnitt von einem kleinen Äffchen. Xie xie ni!!!

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